Das Schleiereulen-Tagebuch 2012
Von Timon Sørensen (13)
Fotos: Christoph Schone (12) |
|
18. April Heute habe ich mit Franz-Josef zum ersten Mal nach der Winterpause den Schleiereulenkasten kontrolliert. Die Überraschung war groß: Im Brutkasten befanden sich fünf Eier und drei piepsende, wenige Stunden alte Junge, außerdem drei Mäuse als Beutevorrat! Leider haben wir bei der Aktion das ausgewachsene Eulenweibchen verjagt, das die Jungen, wenn sie so klein sind, möglichst ununterbrochen hudern muss. Wir hoffen, dass sie bald wiedergekommen ist, um den Wärmeverlust möglichst gering ausfallen zu lassen. Da der normale Brutbeginn Ende April stattfindet, hatten wir nicht mit einer Brut gerechnet; unser Schleiereulenpaar muss das erste Ei Mitte März gelegt haben (Brutdauer 30-40 Tage)! 21. April Heute fand keine Überprüfung des Brutkastens statt, sondern eine Beobachtung der Schleiereulen außerhalb der Kirche. Ab 22 Uhr wartete ich zusammen mit dem jungen Vogelfreund Christoph Schone geduldig auf die erste Ankunft des Futter bringenden Männchens (da nur das Weibchen brütet, ist eine klare Unterscheidung möglich). Um genau 23 Uhr war es dann soweit: Nach einem abgebrochenen Versuch fliegt das Männchen in den Brutkasten, um dort fünf Minuten zu verweilen, dann entschwindet es mit leichten Flügelschlägen in die Dunkelheit. Der nächste Besuch der Eule ist um 23:37 Uhr, doch als ein abendlicher Passant auftaucht, kreist sie lange mit kurzen Segelstrecken um die Kirche, bis sie sich endlich traut, einzufliegen und dem brütenden und hudernden Weibchen die frisch gefangene Beute zu übergeben. Schon acht Minuten später erfolgt die letzte beobachtete Beuteübergabe, diesmal bleibt dass Männchen weniger als eine Minute lang im Brutkasten. Wie fauchende und kreischende Rufe bestätigen, hält sich die Schleiereule zwar noch eine Weile in der Nähe der Kirche auf, aber in der Zeit bis 0:45 Uhr fliegt sie kein weiteres Mal in den Schleiereulenkasten am Kirchturm. Alle diese Beobachtungen, also die frühe Brut, der Beutevorrat im Kasten, sowie der häufige Anflug mit Beute weisen auf einen großen Beutereichtum hin. Wir können also auf eine erfolgreiche Brut und eventuell auch eine zweite hoffen. 29. April Nach der letzten recht erfolglosen Nacht haben wir diesen Abend wieder mit der Beobachtung der Schleiereulen verbracht. Wir waren wohl leider etwas spät dran, denn das Männchen kam nur ein einziges Mal um 22:34 Uhr mit Beute. Wir vermuten, dass es früher am Abend schon dagewesen war, um seiner Familie etwas zum Fressen zu bringen. Dennoch war die restliche Wartezeit bis 24 Uhr nicht umsonst, denn es waren piepsende und krächzende Rufe der Jungen aus dem Brutkasten zu hören! Diese müssen inzwischen alle geschlüpft und auch schon ordentlich gewachsen sein. Ein Blick in den Kasten in den kommenden Tagen wird zeigen, wie viele von ihnen bis jetzt überlebt haben... |
|
|
7. Mai Heute waren wir nach 19 Tagen seit der letzten wieder zur Überprüfung der Vogelnistkästen auf dem Kirchturm. Zuerst war der Schleiereulenkasten an der Reihe: Vor der Kirche hatte sich Christoph postiert, um das ausfliegende Weibchen zu filmen (siehe Fotos), während wir in der Kirche den Brutkasten öffneten. Am besten war das älteste der Jungen zu sehen. Es drohte uns mit fauchenden Rufen und schwankenden Bewegungen. Alle Jungen waren dicht in einer Ecke zusammengedrängt, wodurch wir ihre Zahl nicht genau bestimmen konnten, zu sehen waren aber mindestens vier, außerdem fünf Mäuse als Beutevorrat im Kasten! Nun ist der Altersunterschied der Eulenjungen gut erkennbar, da das Weibchen das Gelege vom ersten Ei an bebrütet und nicht wartet, bis alle der normalerweise 4-7 Eier gelegt sind. Dies hat zur Folge, dass nach der Brutdauer von 31-32 Tagen das erste Junge schlüpft, während das letzte Ei vielleicht gerade erst gelegt wird. Für die Euleneltern besteht dann der Vorteil darin, dass bei Nahrungsengpässen wenigstens die stärksten Jungen überleben (tote Junge werden oft sogar verfüttert). Anhand von Filmen und Bildern unserer Schleiereulen konnten wir feststellen, dass unser Paar sozusagen zur "südlichen Schleiereule" gehört, zur Unterart "Tyto alba guttata".Nach dem Schleiereulenkasten kontrollierten wir auch den Turmfalken- und die Mauerseglerkästen: zwei Brutpaare unserer Mauersegler haben mit dem Eierlegen begonnen (je ein Ei in zwei Nestern), diese einzelnen Eier werden jedoch noch nicht dauerhaft bebrütet, da das Gelege noch nicht vollständig ist (im Gegensatz zur Schleiereule). Das Turmfalkenpaar sitzt weiterhin auf seinem wahrscheinlich unbefruchteten Gelege aus sechs Eiern. Bei einer nicht erfolgreichen Brut werden wir die Eier zu einer Untersuchung und Analyse in ein Institut schicken. |
6. Juni Die Freude war groß, als ich heute mit Franz-Josef Salzmann auf dem Kirchturm war! Nicht nur den vier Schleiereulen geht es prächtig, auch aus dem vermeintlich unbefruchteten Gelege der Turmfalken sind vier Jungvögel geschlüpft! Der Nachwuchs beider Arten ist hier jetzt schon so groß, dass die Mutter sie zumindest tagsüber allein lässt und nicht hudert. Zum Altersunterschied der Jungvögel im Bild: Rechts unten vorne das jüngste, noch mit viel weißem Flaum im Gefieder, der linke Vogel ist der zweitjüngste, dann folgt der in der Mitte verborgene und der älteste aus dieser Brut ist der hintere rechte Vogel, gut zu erkennen am schon fast völlig weißen Schleier. Einige Bilder der jungen Turmfalken: Bald wird die Zeit zum Abschiednehmen kommen: Die Schleiereulen werden voraussichtlich in etwa zwei Wochen ausfliegen. Natürlich werde ich vor Ort sein und versuchen, den Ausflug der Jungen zu dokumentieren. Bei den Turmfalken haben wir noch etwas mehr Zeit. |